Gegen Vergessen - Für Toleranz
Against forgetting – for tolerance
Pour la mémoire et la tolérance
„ …in der Gegenwart bedarf es immer wieder des Mutes, der Entschlossenheit und der Solidarität, den Gefährdungen der Demokratie entgegenzutreten.“
Bundespräsident Joachim Gauck, 26.8.2012 in Lichtenhagen
Diese Stadt schaut nicht weg. Diese Stadt schaut hin – und hilft damit, einen düsteren Teil ihrer eigenen Vergangenheit in Erinnerung zu halten und zu bewältigen. Erinnern statt Verdrängen. So formulierte es Holocaustüberlebender Fred Spiegel bei seinem Besuch 2012, ein schöneres Kompliment kann er seiner Heimatstadt Dinslaken wohl nicht machen.
2013 steht bundesweit ein wichtiges Jahr des Gedenkens an: Im Januar vor 80 Jahren, also 1933, kam die NSDAP an die Macht und zog viele Menschen in ihren Bann. Trotz mancher Oppositioneller wurde die Reichspogromnacht fünf Jahre später, am 10. November 1938, nicht verhindert. Tatenlos sahen auch in Dinslaken die meisten Bürger zu, wie Synagoge und Waisenhaus zerstört, wie die jüdischen Mitbürger durch die Straßen getrieben wurden.
Dinslaken erinnert 2013 in vielfältigen Veranstaltungen an die fatale Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, an die Verfolgten und an die Opfer, an die schrecklichen Folgen und an das große Leid, das daraus für viele Menschen erwuchs. Denn die Stadt und ihre Bürger machen sich die Maxime von Fred Spiegel und Jeanette Wolff zu Eigen „Verzeihen, aber niemals vergessen“. Es darf kein Gras wachsen über die Erinnerungen an verfolgte und ermordete jüdische Mitbürger, an politische und religiöse Opfer, an Menschen mit Behinderungen, die der Euthanasie zum Opfer fielen, an Zwangsarbeiter, an Menschen, die auf Grund ihrer sexuellen Orientierung getötet wurden, an Sinti und Roma. Allerdings wollen wir auch diejenigen nicht vergessen, die nicht zugeschaut haben, sondern etwas getan haben, um den Schrecken zu verhindern oder wenigstens zu mildern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hieß es: Nie wieder Krieg auf europäischem Boden, nie wieder kämpfende deutsche Soldaten, nie wieder faschistische Gewalt – die Wirklichkeit sieht anders aus. Daher muss der Bogen bis in die Gegenwart gespannt werden. Was bedeutet Toleranz in Dinslaken? Es kann nicht genug Menschen geben, die sich einsetzen für ihre Mitmenschen, die Mut, Entschlossenheit und Solidarität erkennen lassen, die der Gefährdung der Demokratie entgegentreten.
Nehmen Sie teil an den Veranstaltungen 2013, fördern auch Sie die Toleranz in dieser Stadt, indem Sie auf antisoziales Verhalten achten, auf die Aufweichung rechtsstaatlicher Prinzipien oder auf unmenschliche Praktiken, damit es nie wieder zu einer radikalen Ausgrenzungsgesellschaft kommen kann. Fangen Sie mit kleinen Schritten auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen an.
Helfen Sie mit, begreiflich zu machen, „dass unter bestimmten Bedingungen nicht nur die bösen Menschen sich zu gegenmenschlichem Verhalten entscheiden, sondern auch die Guten“, wie es Dr. Harald Welzer, Prof. an der Uni Witten/Herdecke, in seinem Buch „Das Menschenmögliche“ beschreibt. Nehmen Sie teil an den Stadtrundgängen, kommen Sie zu den Vorträgen, den Theaterstücken und den vielen anderen Angeboten, und vielleicht sagen auch Sie wie Fred Spiegel: „Ich fand viele neue Freunde.“ Nichts zeigt deutlicher, dass die Erinnerung der Orientierung in der Gegenwart dient und damit zukünftiges Handeln ermöglicht, wie es Edmund Husserl schon 1917 formulierte.